Interview für ARD Politikmagazin Kontraste zu rechten Aktivisten auf Twitter

Am 19. Februar habe ich eine Email von einem ARD-Redakteur bekommen. Er bat um ein Telefonat zu meiner Auswertung zu den Twitteraktivitäten rund um den ARD Film Aufbruch ins Ungewisse. Die Analyse habe ich gemeinsam mit Laura Lucas für Übermedien gemacht. Das Telefonat fand am folgenden Tag statt, in dem ich erklärt habe, wie ich bei der Auswertung vorgegangen bin und was wird dabei herausgefunden haben. Am Ende wurde ich gefragt, ob ich die gleichen Dinge wie im Telefonat auch vor der Kamera sagen würde. Das konnte ich bejahen. Dann gab es noch den Hinweis, dass es nicht sicher sei, dass sie mich interviewen wollen, aber sie würden sich in Kürze nochmals melden. Nach dem Telefonat habe ich mich nochmals mit den Daten beschäftigt und dem Redaktuer ein vierseitiges PDF mit zusätzlichen Auswertungen geschickt, über die wir gesprochen haben. Etwa dass die 6% als Reconquista Germanica zugeordneten Accounts während der Ausstrahlung für 20% der Tweets und 30% der Retweets verantwortlich waren.

BR Data hat sich alle Tatorte im Jahr 2016 angesehen. Im Schnitt hatten sie jeweils knapp 10 000
Tweets. Ich bin mir nicht sicher, ob hier nur Tweets oder auch Retweets gezählt werden.
Normalerweise wird beides zusammengezählt. Meiste Tweets an einem Abend: 20 557, am
wenigsten: 2 870. http://web.br.de/interaktiv/tatort/

Mit etwa 13 000 Tweets wäre #Aufbruch also ein durchschnittlicher Tatort.

Zwei Stunden Dreh

Am Nachmittag kam kam dann die Info, dass man schon am nächsten Tag bei mir vorbeikommen möchte. Ursprünglich als eine halbe Stunde angesetzt, hat es am Ende über zwei gedauert. Aufbau der Technik und Wiederholungen der einzelnen Aufnahmen. Im Gegensatz zu bisherigen Interviews wurde mehr Wert auf präzise und kompakte Aussagen gelegt. Ich tendiere dazu Hintegrundinformationen hinzuzufügen, sodass meine Antworten ausfranzen.

Der grundsätzliche Inhalt für das Interview war durch das vorherige Telefonat schon klar. Während dem Interview wurde mir grob der Aufbau des Beitrags erklärt und es wurden zwei Möglichkeiten gefilmt, weil man noch nicht wusste, wie die restlichen Aufnahmen ablaufen würden. Dabei ging es nicht, um eine Beeinflussung des Inhalts. Dieser wurde durch die vorherige Recherche eingeschränkt. Bei dem Interview ging es darum, die recherchierten Informationen in ein passendes Format für das Publikum zu packen. Die eine Version ging davon aus, dass im Beitrag erst später auf Reconquista Germanica eingegangen wird, ich sprach also von einer kleinen Gruppe von Accounts. Bei der zweiten Version ist man davon ausgegangen, dass Reconquista Germanica schon zuvor gezeigt wurde. Ich nannte sie also beim Namen.

Von dem vermutlich eine Stunde langem Material haben es 30 Sekunden in den siebenminütigen Beitrag geschafft.


YouTube-Mirror

Kritik am Beitrag

Es ist immer schwierig komplexe Themen in einem kurzen Beitrag so zu vermitteln, sodass die Zuseher_innen, die noch nie etwas damit zu tun haben, sie verstehen und zugleich alles korrekt dargestellt wird. Insgesamt finde ich den Kontraste-Beitrag gelungen.

Problematisch finde ich die Stelle, bei der man die Aussage von @darksideofkek, dass man gute Kontakte zu Russland pflegen würde, so stehen lässt und dann noch verstärkt indem man fragt, ob russische Stellen über Reconquista versucht haben den Wahlkampf zu beeinflussen und Anfragen dazu unbeantwortet blieben. Das Narrativ der „russischen Trolle“ verschiebt die Verantwortung ins ungewisse Fremde und erstellt einen Goliath, den es nicht gibt. Schaut man sich die Dynamiken auf dem Discord-Server sowie auf Twitter an, ist das eine Gruppe von Deutschen, die mehrere Fake-Accounts betreiben. Teilweise arbeitete man mit internationalen Rechten zusammen, was im Umfeld der Identitären nichts neues ist. Aktionen werden gegenseitig durch Tweets und Retweets verstärkt. Da braucht es keine verborgenen Fadenzieher.

Mich interessiert, wie bewusst Rechten auf Twitter die Dynamiken sind. Dass viele Aktionen von einer kleinen Gruppe initiiert werden. AfD-Politiker_innen behaupten gerne, dass die stille Mehrheit hinter ihnen steht. Auf Twitter ist sie plötzlich laut und das gibt ihnen das Gefühl, dass da wirklich was dran ist. Und dann sind es doch nur Fake-Accounts. (Ich zweifle nicht daran, dass viele Menschen menschenverachtende Einstellungen haben und viele dies auf Twitter zum Ausdruck bringen. Aber es ist nicht die Mehrheit.)


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